Neues aus der Praxis


05.10.2018 - Zivilrecht

Presse

Verbraucherzentrale klagt wegen Batteriespeicher-Garantien

Die Verbraucherzentrale NRW hat fünf Speicheranbieter wegen ihrer Garantiebedingungen abgemahnt. Zwei haben zur Zufriedenheit der Verbraucherzentrale reagiert. Gegen drei klagt sie jetzt. Die wichtigsten Aspekte sind die Übernahme von Transport- und Reparaturkosten, die Einhaltung der DSGVO und die Höhe der garantierten Speicherkapazität. Ein Teil der kritisierten Hersteller hält die Vorwürfe für unbegründet.

Die Verbraucherzentrale geht gegen aus ihrer Sicht gesetzeswidrige Garantiebedingungen vor, die Verbraucher benachteiligen. Dazu hat sie fünf Batteriespeicheranbieter abgemahnt. Eon und Solarwatt haben die geforderten Unterlassungserklärungen unterschrieben. Das bedeutet, sie haben ihre Garantiebedingungen angepasst und auch rückwirkend dürften sie die beanstandeten Klauseln nicht mehr anwenden, so die Verbraucherzentrale. Gegen Sonnen und Senec wurde Klage wegen mehrerer Klauseln eingereicht, gegen E3/DC wegen einer Klausel, teilt die Verbraucherzentrale weiter mit. In allen drei Fällen war die Verbraucherzentrale mit den abgegebenen Unterlassungserklärungen nicht zufrieden.

Die Verbraucherschützer kritisieren mehrere Klauseln. Zum einen dürften die Unternehmen keine Reparatur- oder Transportkosten auf die Garantienehmer abwälzen. Solche Klauseln haben sie nach eigenen Angaben bei vielen Unternehmen gefunden. Wenn der Käufer im Falle eines vermuteten Garantiefalls die Batterie auf eigene Kosten ausbauen lasse und zum Hersteller schicken müsse und dann auch noch den Rücktransport und den Wiedereinbau bezahlen solle, würde das die Wirtschaftlichkeit der Anlage bedrohen.

In die gleiche Stoßrichtung geht ein anderer Kritikpunkt. Manche Garantiegeber garantieren nur 80 Prozent der Nennkapazität. Dieser Kapazitätsverlust könne im Prinzip schon in den ersten Monaten auftreten, ohne dass die Garantie davor schütze, so die Verbraucherzentrale. Das würde die Wirtschaftlichkeit der Anlage erheblich verschlechtern und die Garantie aushöhlen. Allerdings zeigen zum Beispiel Untersuchungen der RWTH Aachen, dass die Kapazität der Batterien weniger degradiert als von vielen erwartet. 80 Prozent Degradation in zehn Jahren entspräche zwei Prozent Degradation pro Jahr. Nach den Messergebnissen der Wissenschaftler verhalten sich die meisten untersuchten Systeme besser.

Garantie muss vor wirtschaftlichem Schaden schützen

Die Verbraucherzentrale kann nach eigener Aussage bei der Überprüfung der Garantiebedingungen von der kundenfeindlichsten Auslegung ausgehen, also vom für den Kunden schlechtesten möglichen Fall. Garantien seien dazu da, vor einem wirtschaftlichen Schaden zu schützen, so Holger Schneidewindt, Jurist bei der Verbraucherzentrale NRW. Sie seien rechtlich Teil der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Im bürgerlichen Gesetzbuch steht, dass Bestimmungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, „wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“. Das ist nach Einschätzung von Schneidewind bei den beanstandeten Klauseln der Fall. Die Garantiebedingungen könnten ja im schlechtesten Fall dazu führen, dass die Kunden sie gar nicht mehr in Anspruch nehmen. „Dann sind sie wertlos“, sagt Schneidewindt.

Wenn die Einschränkungen der Garantie offen kommuniziert werden, seien sie unter Umständen noch zu akzeptieren. Wenn sie aber nur im Kleingedruckten stehen, seien sie nicht hinnehmbar, so der Jurist. Er hat mit seiner Einschätzung bereits bei den Solarmodulen vor Gericht Recht bekommen, als die Verbraucherzentrale im Jahr 2011 gegen damals führende Solarmodulhersteller wegen ähnlicher Klauseln in den Garantiebedingungen vorging. Ob sich Gerichte auch in Bezug auf Speicherhersteller seiner Interpretation anschließen, ist offen. Wie bei den Modulen hat die Verbraucherzentrale zunächst nur die Garantiebedingungen von einigen der führenden Unternehmen unter die Lupe genommen.

Datenschutz muss eingehalten werden

Sehr wichtig ist Holger Schneidewindt, dass die Garantie nicht von einer dauerhaften Internetverbindung abhängig gemacht werden dürfe. „Wenn die Garantie auf einen Stromspeicher davon abhängig gemacht wird, dass das Gerät dauerhaft mit dem Internet verbunden ist, der Hersteller personenbezogene Daten ohne klare Eingrenzung sammeln und nutzen sowie Updates zu nahezu beliebigen Zwecken aufspielen darf, ist das nicht hinnehmbar“, sagt er. Die Betreiber der Speicher würden dadurch unangemessen benachteiligt und ihre Rechte gemäß der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht gewahrt. Grundsätzlich sei wichtig, dass Kunden wissen, welche Daten übermittelt und gespeichert werden.

Außerdem kritisiert Schneidewindt bei vielen Klauseln mangelnde Transparenz, zu kurze Meldefristen im Schadensfall und unklare Ausschlussgründe ohne Bezug zum eigentlichen Schaden.

Er rät Speicherinteressenten, auf jeden Fall einen Blick in die Garantiebedingungen zu werfen, bevor sie sich für eine Marke entscheiden. Die wichtigsten Aspekte seien:

  • Übernimmt der Garantiegeber alle Kosten im Rahmen der Garantieabwicklung oder wälzt er Kosten zum Beispiel für Arbeitszeit oder Transport auf den Garantienehmer ab?
  • Ab welchem Leistungsverlust der Batterie greift die Garantie?
  • Informiert der Garantiegeber über die Sammlung und Verwertung personenbezogener Daten?

In der Branche wurde allerdings auch schon die Erfahrung gemacht, dass nicht nur die niedergeschriebenen Garantiebedingungen zählen, sondern auch wie bereitwillig ein Unternehmen Garantien abwickelt – oder ob man als Verbraucher darum kämpfen muss. Gerade bei den Modulherstellern, bei denen es eine ähnliche Diskussion bereits vor Jahren gab, sind schon viele Hersteller insolvent gegangen, wodurch Verbraucher die Garantieansprüche verloren haben. Für Verbraucher ist es allerdings schwierig in Erfahrung zu bringen, wie Unternehmen diesbezüglich stehen.

Die kritisierten Unternehmen haben inzwichen zu der Meldung Stellung genommen (siehe unten). Senec teilte mit, die Garantiebedingungen entsprechend geändert zu haben. In ähnlicher Weise äußert sich auch Eon. E3/DC kritisiert die Initiative der Verbraucherzentrale. „Das von der Verbraucherzentrale eingeleitete Verfahren verbessert aus Sicht von E3/DC die Kundenfreundlichkeit der Garantiebedingungen nicht, sondern erschwert das Verständnis und schwächt die Position der Kunden“, antwortet Geschäftsführer Andreas Piepenbrink auf Anfrage von pv magazine. Auch Sonnen akzeptiert nicht alle Kritikpunkte der Verbraucherzentrale und verweist zudem darauf, dass man bei den Garantiebedingungen klar über den Forderungen der staatlichen KfW-Bank liege. Sonnen habe sich daher bewusst dafür entschieden, „die für uns nicht nachvollziehbare Kritik der Verbraucherzentrale NRW gerichtlich überprüfen zu lassen“.

 

Kommentare der Speicheranbieter:

pv magazine hat die genannten Unternehmen die Möglichkeit zur Kommentierung gegeben und bis Redaktionsschluss folgende Aussagen bekommen:

Kommentar E3/DC

E3/DC bietet seit langem eine einzigartige Systemgarantie, die den Kunden ein Höchstmaß an Sicherheit gibt. Die Garantiebedingungen sind ausgesprochen kundenorientiert und transparent – unabhängig von der Initiative der Verbraucherzentrale, die offenbar im Stromspeichermarkt insgesamt Verbesserungsbedarf gesehen hat. Das von der Verbraucherzentrale eingeleitete Verfahren verbessert aus Sicht von E3/DC die Kundenfreundlichkeit der Garantiebedingungen nicht, sondern erschwert das Verständnis und schwächt die Position der Kunden.

Kommentar Senec:

Die Senec GmbH hat die von der Verbraucherzentrale monierten Klauseln allesamt entweder aus den Garantiebedingungen herausgenommen oder verbraucherfreundlich geändert. Laut den aktuellen Garantiebedingungen ist eine dauerhafte Internetverbindung keine Garantievoraussetzung. Die Garantiebedingungen stehen für jedermann auf unseren Internetseiten zum Herunterladen zur Verfügung.

Wir handeln darüber hinaus besonders verbraucherfreundlich und garantieren in den ersten zehn Betriebsjahren 100 Prozent der Nennkapazität, und das als einziger Anbieter am Markt.

Kommentar Eon:

Wir haben stets im Sinne des Verbraucherschutzes gehandelt und uns zu jeder Zeit an die gültigen Vorgaben gehalten. Die entsprechenden Passagen in den Garantiebedingungen wurden dahingehend nun angepasst.

Kommentar Sonnen:

Sonnen stellt regelmäßig Updates zur Verfügung, welche die Langlebigkeit, Sicherheit und den Funktionsumfang des Speichers sicherstellen. Diese können sowohl online als auch vor Ort beim Kunden eingespielt werden, es ist kein dauerhafter Online-Zugang gefordert. Wir haben im Zuge der Einführung der DSGVO unsere Datenschutzregeln umfangreich an das neue EU-Recht angepasst. Unsere Kunden erhalten eine Vollwertgarantie über zehn Jahre beziehungsweise 10.000 Ladezyklen für mindestens 80 Prozent der Kapazität. Damit liegt Sonnen beispielsweise klar über den Forderungen der staatlichen KfW-Bank, die lediglich eine Zeitwertersatzgarantie vorsieht. Wir sind der Ansicht, dass dies die beste am Markt verfügbare Garantie ist und haben uns daher bewusst entschieden, die für uns nicht nachvollziehbare Kritik der Verbraucherzentrale NRW gerichtlich überprüfen zu lassen.

Baumeister Rechtsanwälte durch Rechtsanwalt Andreas Kleefisch und Rechtsanwalt Jan Raming, LL.M. (Auckland), führen diese Verfahren für die Verbraucherzentrale NRW.

Artikel des pv-magazine.

Bei Fragen wenden Sie sich an Rechtsanwalt Andreas Kleefisch.

02.10.2018 - Veröffentlichungen

Dr. Joachim Hagmann

Kommentierung der §§ 17 bis 23 UVPG in: Hoppe/Beckmann/Kment, Kommentar UVPG und UmwRG, 5. Auflage, Carl Heymanns Verlag, Köln

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28.09.2018 - Veröffentlichungen

Andreas Kleefisch

Erste Erfahrungen mit dem neuen BGB-Bauvertragsrecht 2018

Interview zur 12. Kölner Schimmelpilz-Konferenz & 2. Kölner Bauschaden-Konferenz, 2018

Am 6. und 7. Dezember 2018 findet die  „12. Kölner Schimmelpilz-Konferenz“ und die „2. Kölner Bauschaden-Konferenz“ von TÜV Rheinland statt. Im Fokus des Themenspektrums stehen unter anderem erste Erfahrungen mit dem neuen BGB-Bauvertragsrecht 2018, Innenabdich­tung – Schutz vor oder Ursache für Schimmelpilzbefall, Leckortung, Differenzdruckmessung, Fugen in Betonbauwerken, Bewer­ten von mangelhaftem Schall- oder Brandschutz.

Zum Interview

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21.09.2018 - Veröffentlichungen

Andreas Kleefisch

„BEFANGEN ODER NICHT?“

Das Besorgnis der Befangenheit bei Solarsachverständigen im Gerichtsprozess

 

Im Streitfall braucht ein Gericht einen unabhängigen Fachmann. Doch was tun,wenn dieser bei einem Prüfinstitut angestellt ist, das auch die PV-Komponenten zertifiziert hat? Kann oder muß dies sogar zum Besorgnis der Befangenheit bei gerichtlichen Sachverständigen führen?

Andreas Kleefisch - PHOTOVOLTAIK, Ausgabe September 2018, Seite 76 ff.

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20.09.2018 - Verwaltungsrecht

Entscheidung

Kein Zeitausgleich für Rüstzeiten nordrhein-westfälischer Polizeivollzugsbeamter außerhalb der eigentlichen Dienstschichten

Der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 20.09.2018 – Az.: 2 C 45.17 u. a. entschieden, dass nordrhein-westfälische Polizeivollzugsbeamte keinen Zeitausgleich für Rüstzeiten außerhalb ihrer eigentlichen Dienstschicht beanspruchen können. Ein solcher Anspruch könne entgegen einer anderslautenden bestehenden Erlasslage nicht entstehen.

 

In mehreren Polizeiwachen des Landes Nordrhein-Westfalen war es Praxis, dass sich zahlreiche Polizeibeamte verpflichtet fühlten, bereits vor Schichtbeginn die ihnen persönlich zugewiesenen Einsatz- und Ausrüstungsgegenstände an- und erst nach Schichtende wieder abzulegen. Nach dem Vortrag der klagenden Beamten sollte so die uneingeschränkte Einsatzfähigkeit Polizei zu Beginn und am Ende der sich nicht überschneidenden Schichten gewährleistet werden.

 

Noch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Rüstzeiten der Beamten als geleisteten Dienst anerkannt. Es hat ausgeführt, dass die außerhalb der Schichten liegenden Zeiten zwar keine reguläre Arbeitszeit seien; den Beamten könne dem Grunde nach jedoch ein Ausgleichsanspruch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zustehen.

 

Auf die von den Baumeister Rechtsanwälten vertretenen Revision des beklagten Landes hat das Bundesverwaltungsgericht die stattgebenden Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Klagen insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass es allein Aufgabe des Dienstherrn und des politisch verantwortlichen Ministers sei, kraft seiner Organisationsgewalt die konkreten Arbeitszeiten für die Beamten festzulegen. Insoweit habe das beklagte Land in mehreren Erlassen bestimmt, dass die Polizeibeamten innerhalb der Dienstschichten die Ausrüstung an- und abzulegen haben. Die Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit während des Schichtwechsels sei allein Aufgabe des beklagten Landes. Es stehe den einzelnen Polizeibeamten nicht zu, eigenmächtig von der Erlasslage abzuweichen und dafür einen Ausgleich zu beanspruchen. Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen seien den Beamten in den einzelnen Dienststellen auch keine hiervon abweichenden Weisungen erteilt worden. Soweit unmittelbar Vorgesetzte ebenfalls eine dienstliche Notwendigkeit für die beschriebene Praxis des Auf- und Abrüstens empfunden hätten, helfe auch dies nicht über die eindeutige Erlasslage hinweg. Die novellierte Arbeitszeitverordnung Polizei, die nunmehr vorsieht, 12 Minuten pro Schicht für die Rüsttätigkeiten dem Arbeitszeitkonto der Polizeibeamten gutzuschreiben, sei schließlich auf Zeiträume vor ihrem Inkrafttreten zum 01.07.2017 nicht anwendbar.

 

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Daniel Thal.

20.09.2018 - News auf der Startseite (Neues aus der Praxis)

Entscheidung

Kein Zeitausgleich für Rüstzeiten nordrhein-westfälischer Polizeivollzugs-beamter außerhalb der eigentlichen Dienstschichten

Der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 20.09.2018 – Az.: 2 C 45.17 u. a. entschieden, dass nordrhein-westfälische Polizei-vollzugsbeamte keinen Zeitausgleich für Rüstzeiten außerhalb ihrer eigentlichen Dienstschicht beanspruchen können. Ein solcher Anspruch könne entgegen einer anderslautenden bestehenden Erlasslage nicht entstehen.

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06.09.2018 - Veröffentlichungen

Dr. Olaf Bischopink, Dr. Hans Vietmeier, Dr. Martin Arnold

Dr. Christian Bönker, Dr. Olaf Bischopink - Baunutzungsverordnung (mit Immissionsschutzrecht) 2. Auflage, Verlage Nomos/Beuth, 2018

Der Kommentar zur BauNVO ist hier online im Nomos Shop erhältlich oder per Fax-Bestellformular.

Autoren: Dr. Olaf Bischopink, Dr. Hans Vietmeier, Dr. Martin Arnold

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27.08.2018 - News auf der Startseite (Neues aus der Praxis)

Entscheidung

OVG Lüneburg bestätigt Planfeststellungs-beschluss für Mineralstoffdeponie Haschenbrok

Mit seinem Urteil vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 - hat das OVG Lüneburg die Klage einer Naturschutzvereinigung gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Mineralstoffdeponie Haschenbrok in der Gemeinde Großenkneten abgewiesen. In der nun vorliegenden 204-seitigen Urteilsbegründung hat sich das Gericht intensiv mit grundsätzlichen Rechtsfragen des Artenschutzrechts befasst. Besonders hervorzuheben ist dabei die Feststellung des Gerichts, dass CEF-Maßnahmen zur Vermeidung des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch in zeitlicher Hinsicht nicht zwingend eine bessere Qualität für die zu schützende Art haben müssen als die beeinträchtigte Fortpflanzungs- und Ruhestätte.  Wenn diese aufgrund natürlicher Sukzession in einem bestimmten Zeitraum ihre spezifische Habitateignung verliert, kann dies bei der Konzeption der CEF-Maßnahme berücksichtigt werden. Diese Feststellung ist in dieser Deutlichkeit in Rechtsprechung und Literatur bislang noch nicht getroffen worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Baumeister Rechtsanwälte waren auf Seiten des Vorhabenträgers an dem Rechtsstreit beteiligt.

Näheres finden Sie hier.

27.08.2018 - Umweltrecht

Entscheidung

Grünes Licht für die Mineralstoffdeponie Haschenbrok

Das OVG Lüneburg hat mit seinem Urteil vom 31.07.2018 – 7 KS 17/16 – die Klage einer Naturschutzvereinigung gegen den Planfeststellungsbeschluss des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Oldenburg für die Mineralstoffdeponie Haschenbrok abgewiesen. Der von den Kanzleien Prof. Versteyl und Baumeister Rechtsanwälte vertretene Vorhabenträger beabsichtigt in einer ausgebeuteten Sandabbaugrube in der Gemeinde Großenkneten eine Deponie für Bauschutt und andere mineralische Abfälle (Deponieklasse I) zu errichten. In dem insgesamt achtjährigen Planfeststellungs- und anschließenden Klageverfahren stand das Artenschutzrecht im Zentrum der Auseinandersetzung mit dem klagenden Umweltverband. Der Grund dafür lag insbesondere darin, dass sich die ehemalige Sandgrube im Laufe des Verfahrens aufgrund verschiedener natürlicher und menschlich beeinflusster Umstände zu einem außergewöhnlichen Amphibienhabitat, namentlich für die streng geschützte Art der Kreuzkröte, entwickelte. Nachdem das OVG Lüneburg den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss aufgrund erheblicher Zweifel an der Wirksamkeit des Artenschutzkonzeptes mit Beschluss vom 22.07.2016 – 7 MS 19/16 – vorläufig außer Vollzug gesetzt hatte, wurden die Artenschutzprüfung und der landschaftspflegerische Begleitplan, der die Vermeidungs- (CEF-) und Ausgleichsmaßnahmen zum Gegenstand hat, überarbeitet und der Planfeststellungsbeschluss entsprechend geändert. Die gegen den geänderten Planfeststellungsbeschluss weiter geführte Klage wurde durch das OVG Lüneburg nunmehr zurückgewiesen.

 

In der 204-seitigen Urteilsbegründung, die jetzt vorliegt, hat sich der 7. Senat sich intensiv mit der zum Teil sehr grundsätzlich angelegten Kritik des Klägers auseinandergesetzt und dabei einerseits die bisherige Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, zu wesentlichen artenschutzrechtlichen Fragestellungen bestätigt, andererseits aber auch beachtliche Feststellungen zu bislang noch nicht explizit gerichtlich geklärten Aspekten getroffen, die über den konkreten Fall hinausreichen. Hervorzuheben ist insoweit die Feststellung des Senats, dass CEF-Maßnahmen zur Vermeidung des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auf der Grundlage des § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 und S. 3 BNatSchG auch in zeitlicher Hinsicht nicht zwingend eine bessere Qualität für die zu schützende Art haben müssen als die durch die genehmigte Maßnahme beeinträchtigte Fortpflanzungs- und Ruhestätte. Nach den Maßstäben der FFH-Richtlinie und des Bundesnaturschutzgesetzes müsse lediglich sichergestellt werden, dass die ökologische Gesamtsituation des betroffenen Bereiches keine Verschlechterung erfahre. Gehe es damit allein um die Bewahrung der vorgefundenen Situation, müsse die funktionserhaltene Maßnahme die Qualität des (Ersatz-)Habitats nicht länger gewährleisten, als sie bei natürlichem Verlauf gegeben wäre. Die Gestaltung einer CEF-Maßnahme könne sich danach im Einzelfall auch an der zeitlichen Limitierung der Habitateignung im Eingriffsbereich orientieren. In dem hier entschiedenen Fall war diese Feststellung deshalb von entscheidender Bedeutung, weil die besondere Habitateignung der ehemaligen Sandabbaugrube für die Kreuzkröte infolge natürlicher Sukzession in relativ kurzer Zeit verloren gehen würde. Die durch den Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ersatzflächen dagegen sollen durchaus für einen längeren Zeitraum, jedoch nicht zeitlich unbegrenzt, als spezifischer Lebensraum für die Kreuzkröte gepflegt werden. Die gegen diese zeitliche Limitierung gerichtete Kritik des klagenden Umweltverbandes wurde durch das OVG Lüneburg klar zurückgewiesen.

 

Der Feststellung des Gerichts, dass sich die Konzeption von CEF-Maßnahmen auch in zeitlicher Hinsicht an der spezifischen Habitateignung der jeweiligen Eingriffsfläche orientieren darf, kommt große Bedeutung für die Planungspraxis zu. Es ist grundsätzlich hervorzuheben, dass bei der Bewertung der Qualität einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte für die jeweilige Art auch ihre weitere Entwicklung für den Fall, dass der jeweilige Plan oder das Vorhaben nicht realisiert wird, zu betrachten ist. Die Würdigung eines solchen alternativen Kausalverlaufs ist aus dem Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung bekannt. Im Artenschutzrecht bedeutet dies, dass sich die Habitateignung einer Fläche für die jeweilige Art – etwa in der Zeit zwischen der behördlichen Zulassungsentscheidung und der tatsächlichen Projektreali-
sierung – verbessern kann, was zu einem Vollzugshindernis für die Vorhabenzulassung führen kann. Die natürliche Entwicklung kann aber, wie im hier entschiedenen Fall, auch dazu führen, dass die Habitateignung im Laufe eines bestimmten Zeitraums endet. Ein solcher Umstand kann sich nach der Entscheidung des OVG Lüneburg in Gestalt einer zeitlichen Beschränkung auf die Konzeption einer CEF-Maßnahme auswirken.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Georg Hünnekens.

08.08.2018 - News auf der Startseite (Neues aus der Praxis)

Entscheidung

Vorsicht bei Anwendung des
§ 13b BauGB

Der VGH München vertritt in einem Beschluss vom 4.5.2018 - 15 NE 18.382- Juris Rn. 29 ff. eine sehr restriktive Auffassung, was das notwendige „Angrenzen“ des Plangebietes an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil angeht. Der vorhandene Siedlungsbereich dürfe nur abrundend in den Außenbereich erweitert werden, es reiche nicht aus, wenn das neue Baugebiet eine untergeordnete gemeinsame Grenze mit dem Ortsteil aufweise.

Im gleichen Beschluss und in einem weiteren Beschluss des Gerichts vom 9.5.2018 – 2 NE 17.2528 - findet sich die Forderung, bei Ausweisung eines allgemeinen Wohngebietes die ausnahmsweisen zulässigen Nutzungen nach § 4 Abs. 3 BauNVO über § 1 Abs. 6 BauNVO auszuschließen, weil sonst keine „Wohnnutzung“ im Sinne von § 13b BauGB entsteht.


GELESEN

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